Information von Väter für Kinder e.V.:

Christine Knappert (Allgemeiner Sozialdienst, Bad Salzuflen):

Wenn ein Elternteil nicht will,  kann man nichts machen!?

Welche Chancen bietet das neue Kindschaftsrechtsreformgesetz für Jugendämter und Familiengerichte, der bisher so erfolgreichen ,,Kopfschüttel-Strategie" eines Elternteils ein Ende zu setzen?

Aus Kind Prax 2/98 S. 46- 49:

,,Der Beitrag macht deutlich, daß die neue gesetzliche Lage im Kindschaftsrecht die Chance bietet, dem kindeswohlgefährdenden Machtkampf der Eltern Einhalt zu gebieten, wenn Jugendhilfe und Justiz es schaffen, neue Ansätze für ihr Selbst- und Funktionsverständnis zu entwickeln."
 

Gliederung: 

  1. Das Machtgefälle in der Praxis
  2. Reaktionen auf das Beratungsangebot
  3. Reaktionen der Jugendhilfe

  4. Machtinstanz Familiengericht
  5. Welche Chancen bietet das KindRG im Umgang mit kopfschüttelnden Elternteilen?

  6. Verstärkung der Intention des KJHG
    Vorrang der Beratung vor gerichtlicher Entscheidung
    Standortbestimmung der öffentlichen Jugendhilfe
  7. Ausgestaltung der gemeinsamen Sorge
  8. Alleinsorge möglich -aber nicht wie bisher!
 Der Aufsatz schildert aus der Praxis einer Sozialarbeiterin/Mediatorin zunächst sehr eindrucksvoll den Machtkampf und das Machtgefälle bei der Sorge/Umgangsregelung und seine verheerenden Folgen für die betroffenen Kinder. Die Machtinstanz ,,Sorgerechtsbesitzer" kann aufgrund ihrer Machtüberlegenheit ihre Maßnahmen gegen den Willen des ,,Nichtsorgerechtsbesitzers" durchsetzen.
Unter Reaktionen auf das Beratungsangebot wird das leider nicht seltene Praxisbeispiel geschildert in dem ein Elternteil (die Mutter) ein gemeinsames Beratungsgespräch nach § 50 SGB VIII von vornherein ablehnt und das alleinige Sorgerecht will. Die Mutter schüttelt den Kopf und sagt: ,,Nein!  Ich will das alleinige Sorgerecht! Und mein Anwalt hat mir gesagt, daß ein Richter nur dem gemeinsamen Sorgerecht zustimmt, wenn beide Elternteile sich einig sind. Ihre Beratung ist zwar nett gemeint, wird mich aber sicherlich nicht von meinem Entschluß abbringen. "

Diese Einstellungen  und  Verhaltensweisen versetzen jedem Beratungsangebot den ,,Todesstoß". Enttäuschung, Ohnmachtsgefühle und Wut beim anderen Elternteil, der sich spätestens zu diesem Zeitpunkt als absoluter Verlierer sieht; Schulterzucken und Hilfslosigkeit bei der beratenden Person des Jugendamtes.

Oft raten sogar auch die Anwälte den Vätern, gar nicht erst den Antrag auf Übertragung der alleinigen elterlichen Sorge zu stellen, weil er ja sowieso keine Aussicht auf Erfolg habe. Statt dessen beantragen sie häufiger das gemeinsame Sorgerecht und ersatzweise für den Fall, daß die Mutter nicht zustimmt, das alleinige. Auch hier zeigt die Praxis, wenn die Mutter nicht will, bekommt sie das alleinige Sorgerecht übertragen.

Geschildert wird dann die meist ,,vornehme Beraterzurückhaltung" der Jugendsamtsmitarbeiter bei der Berichterstattung nach § 50 Abs. 2 SGB VIII  und die anschließende Bestätigung des Machtanspruchs eines Elternteils durch das Familiengericht, nach dem Gewinner-Verlierer Prinzip. Es wird darauf hingewiesen, daß Jugendämter und Gericht gegenüber der ,,Kopfschütteltaktik" mehr Mut und Zivilcourage, Fachkenntnisse und soziale Kompetenz beweisen müßten, um kindgerechte Lösungen und Entscheidungen herbeizuführen. Der viel eindringlichere, ohne weiteres durchführbare Hinweis von Jopt (ZfJ 7/8, 1998), nämlich dem Gericht zumindest mitzuteilen, wer eine gemeinsame Beratung boykottiert hat und wie gravierend damit gegen das Kindeswohl verstoßen wird, fehlt aber leider.
Vielleicht sollten wenigstens die von der ,,Kopfschüttel-Strategie" Betroffenenen daraus eine Lehre ziehen und eine derartige Berichterstattung einzufordern versuchen, oder notfalls in eine eigene Stellungnahme zum Jugendamtbericht einfügen.

Der Aufsatz schließt mit einer Aufzählung der positiven Intentionen und Chancen des neuen KindRG, bietet aber leider wieder keine sehr überzeugenden Hinweise darauf, wie sich in der Praxis da etwas ändern wird. Trotzdem ein begrüßenswerter und lesenswerter Beitrag!

Eine Verpflichtung zur Beratung oder Mediation gibt es auch im KindRG immer noch nicht. In die Neufassung des § 613 Abs. 1 ZPO wurde nur der Satz eingefügt: ,,Sind gemeinschaftliche minderjährige Kinder vorhanden, hört das Gericht die Ehegatten auch zur elterlichen Sorge an und weist auf bestehende Möglichkeiten der Beratung durch die Beratungsstellen und Dienste der Träger der Jugendhilfe hin." Nach dem neuen § 52 FGG ist ebenfalls lediglich auf Beratungsmöglichkeiten hinzuweisen, es besteht aber auch die Möglichkeit das Verfahren für außergerichtliche Beratung auszusetzten. Nach § 52 a FGG soll das Gericht einen Vermittlungsversuch bei Umgangssproblemen machen und auf die Folgen für das Kindeswohl sowie die Rechtsfolgen bei Unterbleiben des Umgangs hinweisen.

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